projektziel | fotografische langzeitbeobachtung schlieren 2005 – 2020

Fotografische Langzeitbeobachtung Schlieren 2005–2020

Ein Forschungsprojekt der Zürcher Hochschule der Künste/Institute for Contemporary Art Research IFCAR

Projektleitung
Meret Wandeler, Ulrich Görlich

Partner
Stadt Schlieren/Abteilung Bau und Planung, Metron Raumentwicklung AG, Staatsarchiv des Kantons Zürich

Fotografie
Übersichtsaufnahmen 2005: Ulrich Görlich/Meret Wandeler, Re-Photography 2007: Elmar Mauch, Re-Photography 2009/2011/2013/2015/2017/2019: Christian Schwager
Detailaufnahmen 2005: Ulrich Görlich/Meret Wandeler
Detailaufnahmen 2010/11, 2015, 2020: Meret Wandeler

Projektziel
Die Zürcher Hochschule der Künste/IFCAR dokumentierte in einer fotografischen Langzeitbeobachtung während 15 Jahren die Stadtentwicklung von Schlieren, einer Agglomerationsgemeinde westlich von Zürich. Schlieren hat in diesen 15 Jahren eine spektakuläre Entwicklung erlebt. Die Einwohnerzahl ist von 13 000 auf 20 000 Personen gestiegen, auf den Industriebrachen sind neue Wohnquartiere entstanden. Ausgangspunkt für das Projekt bildete das Stadtentwicklungskonzept der Metron AG von 2005. Die fotografische Beobachtung verfolgt, wie sich die im Stadtentwicklungskonzept vorgeschlagenen Massnahmen auf den Lebensraum auswirken. Das Projekt ist als Fallstudie angelegt. Es entwickelt am Beispiel von Schlieren exemplarisch fotografische Methoden zur Visualisierung räumlicher Entwicklungsprozesse in der Agglomeration. Ergebnis ist ein Bildarchiv mit über 1500 Aufnahmen und eine für die Schweiz einmalige Dokumentation des räumlichen Wandels einer gesamten Gemeinde.

Räumliche Transformationen werden in der Raumforschung über den Vergleich von Karten, Daten oder Luftaufnahmen untersucht. Die dokumentarische Fotografie operiert dagegen vor Ort. Sie erfasst sinnlich-emotionale Aspekte von Lebensräumen, welche für Bewohner und Nutzer von wesentlicher Bedeutung sind. Diese können in den abstrakten Darstellungsformen, mit denen die Raumbeobachtung in der Regel operiert, nicht erfasst werden. In Erweiterung der herkömmlichen Methoden der Raumbeobachtung entwickelt die Langzeitbeobachtung ein neues Instrument für das Monitoring von Stadtentwicklung, das von der Stadt Schlieren und der Metron AG erprobt wurde. Die Dokumentation der Veränderungen in Schlieren ermöglicht eine Identifizierung von Fragestellungen, welche für Urbanisierungsprozesse in der Agglomeration generell bedeutsam sind. Die anhand von Schlieren entwickelten Methoden für das fotografische Monitoring und die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind auf andere Gemeinden übertragbar.

2005/06 entwickelten Ulrich Görlich und Meret Wandeler im Rahmen eines SNF/DORE-Forschungsprojektes ein fotografisches Beobachtungskonzept und führten eine fotografische Bestandesaufnahme durch. Von 2005 bis 2020 wurden an 63 Standorten im gesamten Stadtgebiet alle zwei Jahre Übersichtsaufnahmen unter identischen Aufnahmebedingungen wieder fotografiert. Thematische Detailaufnahmen wurden alle fünf Jahre fotografiert. Diese dokumentieren einzelne Objekte, die für die Nutzung und Atmosphäre in den ausgewählten Gebieten charakteristisch sind. Aufnahmestandpunkte befinden sich im Zentrum sowie in den ehemaligen Industriegebieten, in denen grosse Neubauprojekte realisiert werden. Parallel dazu beobachtet das Projekt die diskreten, im Alltag kaum wahrnehmbaren Veränderungen in Wohngebieten und Grünräumen. Übersichten und Detailaufnahmen bilden zwei komplementäre, einander ergänzende Formen der fotografischen Raumdarstellung. In ihrem Zusammenspiel machen sie unterschiedliche Geschwindigkeiten parallel ablaufender Veränderungsprozesse sichtbar.

Siedlungsgebiete und Landschaften in der Schweiz sind tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Wie diese Verdichtungsprozesse gestaltetet werden können, ist Gegenstand einer intensiven Debatte in Politik und Gesellschaft. Das Projekt leistet einen fotografischen Beitrag zu dieser Debatte und trägt zur Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für die Anliegen einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung bei. Die Langzeitbeobachtung Schlieren war eines der ersten fotografischen Forschungsprojekte im Bereich der künstlerischen Forschung („artistic research“) an einer Schweizer Kunsthochschule und etablierte die Fotografie als eigene Disziplin künstlerischer Forschung. Insbesondere wurden fotografisch-künstlerische Strategien für die Darstellung des Prozesshaften von räumlicher Veränderung erarbeitet. Eine systematische fotografische Visualisierung von Transformationen in der Agglomeration existierte in der Schweiz bisher nicht. Das Projekt leistet in diesem Sinne Grundlagenforschung und trägt zu einem zeitgenössischen fotografischen Bild der Schweiz bei.

Das gesamte Bildarchiv ist auf dieser Website online zugänglich. Die neu entstehenden Fotografien wurden fortlaufend online gestellt. Bewohnerinnen und Bewohner, das Fachpublikum und die interessierte Öffentlichkeit konnten damit den Prozess der Stadtentwicklung während der ganzen Beobachtungsdauer mitverfolgen.

Übersicht Projektverlauf
Konzeptentwicklung 2005/06, gefördert durch den Schweizerischer Nationalfonds/DORE

  • Entwicklung des Konzeptes für die fotografische Beobachtung, die Archivierung und die Website
  • Fotografische Bestandesaufnahme

Fortlaufende Dokumentation 2007-2020 durch die Zürcher Hochschule der Künste/IFCAR

  • Wiederfotografieren der 63 Standpunkte für Übersichten 2007, 2009, 2011, 2013, 2015, 2017, 2019
  • Wiederfotografieren der Serien von themenbezogenen Detailaufnahmen 2010/11, 2015, 2020

Auswertung und Publikation der Ergebnisse

  • Zwischenstände des Projektes wurden in Ausstellungen u.a. im Fotomuseum Winterthur, im Stadthaus Schlieren, im Zentrum Architektur Zürich ZAZ Bellerive und im Museo ICO, Madrid präsentiert. Parallel dazu wurde das Projekt regelmässig national und international auf Tagungen, in der Fachpresse und sowie in den überregionalen Medien vorgestellt.
  • Für die Bevölkerung in Schlieren wurde zum Abschluss eine Ausstellung im Ortsmuseum Schlieren realisiert, die bis Ende 2023 zu sehen ist.
  • Die Schlussauswertung mit einer umfassenden visuellen Präsentation, sowie Analysen und Interpretationen aus verschiedenen fachlichen Perspektiven der Raumforschung und der Fotografie, erfolgt in der zweibändigen Buchpublikation «Stadtwerdung im Zeitraffer», die 2023 im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich in einer deutschen und englischen Ausgabe erscheint.
    www.scheidegger-spiess.ch

Archivierung
Staatsarchiv des Kantons Zürich:
Die in digitaler Form vorliegenden Bilder und Projektunterlagen werden vom Staatsarchiv des Kantons Zürich (StAZH) archiviert. Um eine einfache Benutzbarkeit und ein rasches Verständnis des Projektes zu gewährleisten, sind sämtliche entstandenen Bilder (Übersichten und Detailaufnahmen) einzeln im Archivinformationssystem des StAZH verzeichnet. Die Archivierung der Dateien erfolgt hybrid, d. h. alle Unterlagen - ob Bild oder Text - werden sowohl in elektronischer als auch in analoger Form archiviert. Letzteres geschieht, indem die angelieferten Daten auf Mikrofilme ausbelichtet werden.

Fotomuseum Winterthur:
2013 wurde für die Ausstellung „Concrete - Fotografie und Architektur“ im Fotomuseum Winterthur eine Installation auf Monitoren realisiert. Diese ist in die Sammlung des Fotomuseums aufgenommen worden.

Das gesamte Projekt ist im Archiv der Zürcher Hochschule der Künste archiviert.


Gestaltung, Programmierung und Unterhalt der Website
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